Dampfer zerschneidet Eisschollen auf der Leda
Für viele Menschen im Overledingerland beginnt mit der Adventszeit auch die Winterzeit. Die Tage werden merklich kürzer und das Wetter ungemütlicher. Dann stellt sich manch einer die Frage, ob es in diesem Jahr eine „weiße Weihnacht“ geben könnte. Sieht man sich die meteorologischen Tabellen des Wetterdienstes an, welche bei ihrer Definition von einer mehr oder weniger geschlossenen Schneedecke ausgehen, dann kommt dieses Ereignis statistisch gesehen etwa alle acht Jahre im Flachland vor.
Wie sah es wettermäßig vor über 130 Jahren, genauer gesagt im Winter 1890/91 in unserer Region aus? Ende November, so ist dem Leerer Anzeigeblatt (LAB) vom 27.November 1890 zu entnehmen, drehte der Wind auf Nordost und sorgte für Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und den ersten Schnee. Bereits zwei Tage später wurde berichtet, dass es in der Nacht minus 9 Grad kalt war und die Leda zur Hälfte mit einer Eisschicht bedeckt war, was der Schifffahrt Probleme bereitete.
Auch die Fähren wurden laut der Zeitung außer Betrieb gesetzt. Eine Brücke über die Leda nach Leer gab es nicht. Dies bedeutete für das westliche Overledingerland, dass die Esklumer Wagenfähre und für das östliche Overledingerland, die Nettelburger Fähre als Hauptverbindungen nach Leer nicht mehr zur Verfügung standen.
Anfang Dezember erfuhren die Zeitungsleser aus dem LAB, dass auf dem Esklumerhammrich die ersten Schlittschuhläufer trotz eines eintägigen Tauwetters auf dem Eis schöfelten. In den folgenden Tagen wird immer wieder berichtet, dass sich mehr und mehr Treibeis auf Ems und Leda befand. Der englische Dampfer „Teesdale“ konnte bei seiner Fahrt nach Leer das Eis auf der Leda durchschneiden.
Wintervergnügen in Ostrhauderfehn, Kirchstraße um 1936
(Bildquelle: Gerda Redenius)
Am 20.Dezember 1890 berichtet das LAB, dass eine feste Eisdecke die Ems von Dorenborg bis Mitling-Mark überzog und dass man zwischen dem Rheiderland und dem Overledingerland sicher übers Eis gehen konnte. Die Schiffsverbindungen zwischen dem Festland und den ostfriesischen Inseln waren infolge des Eisganges unterbrochen worden.
Am Sonntag, den 21.Dezember 1890 herrschte Sonnenschein und leichter Frost. Die Zeitung berichtete: „Die Leda und die umliegenden Hammriche waren daher von Schlittschuhläufern auch fast überfüllt und selbst Abends bei Mondschein konnte man noch verschiedene Personen auf dem Eise graciöse Schnörkelbewegungen machen sehen. Die Wirthschaften in den umliegenden Dörfern haben jedenfalls ganz gute Einnahmen gemacht, desgleichen die Bahnfeger.“ Trotz Vollmond stellte sich über die Weihnachtsfeiertage kein Witterungswechsel ein, so dass es laut LAB „auf dem Eise fast zu voll war und gar mancher kam infolge einer Collision zu Falle; das erhöht nur die Lust des Eislaufens, wenns nicht allzu arg wird.“
Leider wurde dieses Wintervergnügen zum Jahreswechsel durch immer kältere Temperaturen, starkem Wind und weiterem Schnee getrübt, so dass die Menschen lieber im Warmen blieben. Bei dieser Wetterlage war zu lesen, dass in Leer der Wohltätigkeitsverein (Fechtverein) für arme Kinder dafür sorgte, dass sie ein warmes Mittagessen im Gasthaus erhielten. Da der Frost bis auf einzelne Tage immer weit unter 0 Grad ging, froren Mitte Januar 1891 auch Trinkbrunnen zu.
Erst Ende Januar nahm die Witterung langsam einen milderen Charakter an, was zu überschwemmten Wegen führte. Die Eisdecke wurde zwar dünner, aber am 7.Februar wurde noch berichtet, dass man die Leda bei Esklum noch zu Fuß passieren könne. Schließlich wurde der oben bereits erwähnte Dampfer „Teesdale“ wieder als Eisbrecher eingesetzt.
In der Ausgabe vom 19.Februar 1891 berichtete das LAB, dass seit dem Vortag die Fährpünten in Esklum und Leerort wieder in Betrieb genommen wurde. Damit endete die etwa siebenwöchige extreme winterliche Witterung.
von Frank Groeneveld
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