Weihnachtszeit 1884 im Overledingerland: Von „Winter-Paletos“ und „Tannenbaum-Biscuits“
Die Advents- und Weihnachtszeit ist immer eine besondere Zeit im Jahr. Das ist nicht nur heute so, sondern es war auch zu Zeiten unserer Ur-Großeltern so. Was beispielsweise vor 140 Jahren passierte, lässt sich anhand von alten Zeitungsausgaben des Leerer Anzeigeblattes (LAZ) aus dem Jahre 1884 nachlesen, welche im Stadtarchiv Leer einzusehen sind.
Wettermäßig gab es damals kein langanhaltendes Winterwetter. Um den 25.November 1884 herum wurde kurz berichtet, dass Frost- und Schneewetter mit minus 7 Grad aufgetreten sei. Gerade zu diesem Zeitpunkt wurde im Raum Rhauderfehn eine Treibjagd abgehalten. Laut dem LAZ vom 29.November „wurden trotz der Ungunst des Wetters 11 Hasen und 3 Füchse zur Strecke gebracht.“ Dann folgt ein Hinweis darauf, dass hierbei auch ein Wolf gesehen worden sein soll, doch „gelang es demselben, unbeschossen wieder zu entkommen“.
Im LAZ vom 4.Dezember 1884 wurde berichtet, dass nach kurzem Tauwetter starker Schneefall eingesetzt hatte und das Thermometer auf bis minus 10 Grad gefallen war. Wegen des starken Eisganges auf der Ems musste der Betrieb an der königlichen Fähre zu Leerort eingestellt werden. Auch die Leda war bereits an einigen Stellen mit einer festen Eisdecke belegt, aber durch den Dampfer „Stadt Leer“ wurde diese Eisfläche nach kurzer Zeit wieder aufgebrochen. Das LAZ meinte „Heute haben wir bei steifem Süd-West-Wind Thauwetter. Echt petersburgisch!“ Das Tauwetter sorgte dann dafür, dass nach zwei Tagen wieder eine Pünte für das Überqueren der Ems in Betrieb gesetzt wurde.
Erst am 30.Dezember 1884 berichtete das LAZ, dass der Winter mit einem „harmlosen Gesicht“ zurückkehrt sei. Während der Feiertage hatte man demnach bei wenig Frost das herrlichste Wetter. Auf den Hammrichen vergnügte sich die Jugend beim Schlittschuhlaufen, wobei die Eisdecke noch nicht überall fest war und einige „junge Leute ein kaltes Bad bekommen haben“.
Im Anzeigenteil des LAZ wiesen die für damalige Verhältnisse größeren Geschäfte wiederholt auf ihre Weihnachtsangebote hin, ohne Preise zu nennen. So machte z.B. das Westrhauderfehner Geschäft C.A.I. Hagius Sohn auf eine reichhaltige Auswahl im „Manufactur-, Eisen- und Kurzwaaren-Lager“ aufmerksam. Empfohlen wurden u.a. „Winter-Paletos“ (= französisch für Obergewand oder Wettermantel) für Damen und Kinder, schwarze und „couleurte“ Kleiderstoffe, Filzröcke, Strumpfwaren aber auch Nähmaschinen, Schlittschuhe, emaillierte Geschirre, Damentaschen, Zigarrentaschen, Spielwaren sowie Porzellansachen. Abgerundet wurde das Angebot durch Wallnüsse, Haselnüsse, „Tannenbaum-Biscuits“ und Zuckersachen.
Das Geschäft J. Brandt aus der Großwolder Straße in Ihrhove empfahl am 13.Dezember 1884 „bestes Weizenmehl, Syrup, Rosinen, Corinthen, sowie Zucker sehr billig. Porzellan- und Glaswaaren, Christbaumschmuck und Lichte in schöner Auswahl.“ Auch Holzschuhe in allen Größen seien bei ihm vorrätig.
Das Geschäft Gebr. Bernhards aus Westrhauderfehn wies für Festeinkäufe auf ihre neuesten Artikel in der Weihnachts-Ausstellung hin. Ähnliche Werbung machte auch das Geschäft „H. Hülsebus – Steenfelde“, welches u.a. auf „Gesangbücher, Photograpie und Schreib-Albums“ hinwies.
Bäcker S.J. Hasse aus Holte brachte in Erinnerung, dass er am Abend des 23.Dezembers eine „Verdobelung“ (Verknobelung) von Stuten, Honigkuchen und sonstigem feinen Backwerk durchführen würde.
Die Adventszeit wurde von mehreren Vereinen für diverse Versammlungen genutzt, wie z.B. den Kriegervereinen in Steenfelde und Ihrhove, sowie den beiden landwirtschaftlichen Vereinen Westrhauderfehn und Oberledingerland.
Öffentlich gefeiert wurde natürlich auch. So lud der Westrhauderfehner Gasthof „Zum goldenen Anker“ (heute „Die Floristen“), Gastwirt Neenaber, am zweiten Weihnachtstage zu einem Ball ein. Gleiches veranstaltete Joh. Steverding, der damalige Verlaatsmeister und Gastwirt im „Hotel zum Compagniehause“ (heute Restaurant Fang) am 28.Dezember in Westrhauderfehn.
von Frank Groeneveld
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